Rückblick und Ausblick zum Übergang 2022/2023

Es hat sich gezeigt, dass heutzutage die größte terroristische Gefahr in westlichen Nationen von extremen Rechten ausgeht, von Neonazis und jenen, die an die Überlegenheit von Weißen glauben. Wir müssen jegliche Form von Neonazismus und „White Supremay“, alle Formen von Antisemitismus und antimuslimischem Hass, deren Anwachsen wir in den westlichen Gesellschaften und in anderen Teilen der Welt beobachten, klar und entschieden verurteilen. Das ist eindeutig eine Bedrohung, und wir müssen diese Bedrohung mit großer Entschlossenheit bekämpfen. Die Ereignisse in Deutschland sind nur ein Beispiel für diese Bedrohung demokratischer Gesellschaften überall auf der Welt.“


UN-Generalsekretär Guterres am 19.12.2022 zu den am 8. Dezember aufgedeckten Plänen rechtsterroristischer Verschwörer*innen in Deutschland

Im Jahr 2022 war durch den verbrecherischen Angriff der Truppen der russischen Föderation auf die Ukraine der Krieg nach Europa zurück gekommen. Der Krieg hat Tod, Leid und Not über die Menschen in der Ukraine gebracht. Er richtet Verwüstung an – nicht nur Zerstörung in den Städten, sondern auch in den Köpfen, indem er Hass und Nationalismus befördert. Es ist ein gutes Zeichen, wenn in unserem Land Menschen aufgenommen werden, die vor dem Krieg fliehen, doch es ist Rassismus, wenn Menschen, die vor anderen Kriegen fliehen, nicht die gleiche Hilfe zuteil wird. Wir bleiben dabei: Es gilt das Grundgesetz, das in Artikel 3 keine Benachteiligung erlaubt, auch nicht auf Grund der Herkunft!

Ein besonderes Phänomen waren die „Montags-Spaziergänge“ einer großen, sehr heterogenen Gruppe von Impfgegner*innen am Anfang des Jahres. Natürlich ist es legitim, die Maßnahmen gegen die Pandemie zu kritisieren und dies auch in Demonstrationen zum Ausdruck zu bringen Doch es darf nicht sein, dass man sich dabei von Verschwörungs-Mythen beeinflussen lässt es ist notwendig, sich von antisemitischen Stereotypen und Rechtsextremisten zu distanzieren. Bekennende Q-Anon-Anhänger verbreiten unwidersprochen ihre Hetze in den entsprechenden Telegram-Kanälen. Auch braune-esoterische Gruppen, die von der „Anastasia“-Ideologie beeinflusst sind, versuchen im Oberbergischen Anhänger*innen zu rekrutieren. Hierzu konnten wir Ende Oktober gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Rechts eine sehr gut besuchte Aufklärungs-Veranstaltung durchführen.

Die AfD hat bei der Landtagswahl im Oberbergischen deutlich höhere Anteile holen können als im Landesdurchschnitt. Dabei tritt sie im Nordkreis (Wipperfürth, Hückeswagen, Radevormwald) offensiv auf mit Infoständen, halb-öffentlichen Festen und mit Unterstützung durch extrem rechts positioniertes Personal aus der Landes- und Bundesebene (wie Carlo Clemens von der „Jungen Alternative“). Die Wahlergebnisse in den Nordkreis-Kommunen lagen für die AfD zwar teilweise über dem Landesdurchschnitt, aber unter dem Mittelwert im Oberbergischen Kreis.

Im Südkreis erzielt die AfD in bestimmten Stimmbezirken der Stadt Waldbröl regelmäßig besonders hohe Ergebnisse. Es gelingt ihr aber zu Glück bisher nicht, die Politik vor Ort mit zu bestimmen. Ihr Versuch, in der Aula des Schulzentrums einen „Bürgerdialog“ zu veranstalten, scheiterte im Januar kläglich: Lediglich 16 Personen waren in die Aula gekommen, fast alle waren AfD-Funktionäre aus anderen Orten im Kreis. Dem gegenüber stand – trotz der Kälte – ein kreativer Protest von 400 Menschen aus der Zivilgesellschaft, darunter sehr viele Eltern, deren Kinder das Schulzentrum besuchen. Durch den Zuzug von Eugen Schmidt, AfD-Bundestagsabgeordneter und Sprecher der „Russlanddeutschen für die AfD“, in die Gemeinde Reichshof wird klar, dass die Rechtsextremen versuchen werden, ihre Propaganda im Oberbergischen noch zu verstärken und die hohen Stimmenanteile in Waldbröl auch zum Einfluss auf die kommunale Politik zu nutzen.

Die Rücknahme von Einschränkungen im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung ermöglichte uns auch wieder öffentliche Veranstaltungen. Einer der Höhepunkte im Rahmen unserer Gedenk- und Erinnerungsarbeit war unser Fest für den Frieden am Tag der Befreiung, das wir am 8. Mai mit hunderten Besucher*innen in Gummersbach feiern konnten. Aber auch unsere Erinnerung an die Ermordung dreier Nazi-Gegner in Hückeswagen, an den hundertsten Jahrestag der Ermordung Rathenaus und an das Ebert-Rathenau-Erzberger-Denkmal in Gummersbach fanden starke Beachtung.

Die dritte Oberbergische Frag-mich-Messe – in diesem Jahr in Hückeswagen – zeigte, dass das Konzept einer Dialog-Veranstaltung auf Augenhöhe aufgeht.

International hat 2022 in weiteren Staaten eine bedenkliche Entwicklung nach Rechts gebracht. In Schweden wurde eine Regierung gebildet, die von den Stimmen der extrem rechten „Schwedendemokraten“ abhängt, in Italien ist eine rechts-nationalistische Regierung gewählt, in Israel greift die Netanjahu-Regierung die Unabhängigkeit der Justiz an.

Der Kampf gegen Hass und Hetze, gegen Rassismus und Nationalismus, für ein solidarisches und verantwortliches Miteinander wird auch 2023 bestimmend für unsere Arbeit sein. Mit dem 90. Jahrestag der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler haben wir gleich zu Beginn einen wichtigen Jahrestag, weitere Jahrestag aus dem Jahr 1933 – wie zum Beispiel die Bücherverbrennung am 10. Mai – führen uns erschreckend deutlich vor Augen, wie damals ein demokratischer Staat in eine faschistische Diktatur überging. Wir können und sollten diese Termine nutzen, um vor den Gefahren rechter Hetze und insbesondere des Antisemitismus zu warnen. Auch wenn eine der extrem rechten Verschwörergruppen Anfang Dezember aufgeflogen ist, so macht der Blick auf den 8./9. November im beiliegenden Gedenkkalender klar, dass ein vereitelter Putschversuch nicht das Ende der rechten Gefahr bedeutet. Die oben zitierten Äußerungen von UN-Generalsekretär Guterres vom 8. Dezember sollten für uns Ansporn sein, in unserer Arbeit auch 2023 nicht nachzulassen.

Neben der Erinnerung an die Geschehnisse von 1933 steht im neuen Jahr die nächste Frag-mich-Messe an (möglicherweise mit einem neuen Namen, wahrscheinlich in Gummersbach), wir sollten wieder in den Internationalen Wochen gegen Rassismus dabei sein und bei der Interkulturellen Woche im Herbst. Und am 10. Dezember ist der 75. Jahrestag der Erklärung der Menschenrechte!

Antifaschistische Gedenktage 2023: