Oberbergische Opfer des Holocaust: Frieda Jung

Anlässlich des Holcaust-Gedenktags erinnern wir beispielhaft an das Schicksal eines oberbergischen Opfers. In diesem Jahr geht es um Frieda Jung. Sie wurde erst in den letzten Wochen des NS-Terrorregimes deportiert und ermordet.

Unser Bericht basiert auf der Dokumentation des Stadtarchivs Gummersbach: „Judenverfolgung in Gummersbach während der Zeit des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation des Stadtarchivs Gummersbach“ dritte ergänzte Auflage von Manfred Huppertz, Gummersbach 2020 “http://www.gummersbach.de/doku-judenverfolgung”

Frieda Jung war am 14. April 1888 in Ostrowo (damals Deutschland, Bezirk Posen, ab 1918 Polen) geboren. Sie war Jüdin. Über ihre Jugend und ihr Leben als junge Frau ist wenig bekannt, ins Oberbergische kam sie 1934 im Alter von 46 Jahren mit ihrem Mann Andreas Jung. Er war gelernter „Steuer-Inspektor“ und hatte eine Anstellung beim Stahlwerk Schmidt & Clemens in Kaiserau gefunden. Das Paar zog nach Niedergelpe bei Hülsenbusch.

Anscheinend lebten die beiden dort ziemlich unbehelligt von der Verfolgung der Jüdinnen und Juden durch den NS-Staat, doch im Laufe des Jahres 1944 griff die Gestapo auch nach Frieda Jung:

„… Im Laufe des vergangenen Jahres [gemeint ist 1944] erging von der Geheimen Staatspolizei, Staatspolizeistelle Köln, an den früheren Steuer-Inspektor Andreas Jung aus Düsseldorf, der seit dem Jahre 1934 in der hiesigen Gemeinde wohnt und der mit der Volljüdin Frieda Haym, geb. 14.4.1888 in Ostrowo, verheiratet ist, die Aufforderung, sich bei der Staatspolizeistelle in Köln zu melden. Daraufhin hat Jung einen Antrag eingereicht, von weiteren Maßnahmen gegen ihn abzusehen, da er in der hiesigenGemeinde ansässig und als Büroangestellter bei der Firma Schmidt & Clemens in Berghausen beschäftigt sei. Dieser Antrag wurde vom Bürgermeisteramt in Hülsenbusch beglaubigt und eingehend befürwortet. … „

Quelle: Bericht des zuständigen Polizisten, zitiert nach „Judenverfolgung in Gummersbach während der Zeit des Nationalsozialismus – Eine Dokumentation des Stadtarchivs Gummersbach“ dritte ergänzte Auflage von Manfred Huppertz, Gummersbach 2020 “http://www.gummersbach.de/doku-judenverfolgung”

Damit hatte das Paar einige Monate Ruhe, doch Anfang Dezember kam dann eine Anordnung der Gestapo:

„… von der Staatspolizeistelle in Köln, Appellhofplatz 22/25, über das Landratsamt in Gummersbach eine Anordnung vom 2.12.1944 Geschäftszeichen IV 4 b – 2875/44 – erging, wonach die Ehefrau Jung polizeilich in das Lager Köln-Müngersdorf eingeliefert werden sollte und Jung selbst, der arischer Abstammung ist, sich auf der Dienststelle der Staatspolizeistelle in Köln, Appellhofplatz 22/25, persönlich zu melden hatte. …“

Quelle: wie oben

Der Polizist gibt nach dem Ende der Nazi-Diktatur an, er habe die Anordung der Gestapo zunächst einige Zeit liegen lassen, dann sei Herr Jung Ende Dezember 1944 / Anfang Januar 1945 mit seiner Frau zum Lager in Köln-Müngersdorf gefahren. (Im Lager Müngersdorf wurden Jüdinnen und Juden aus dem Umland bis zur Deportation interniert.) In Müngersdorf wurde das Paar zunächst zurückgeschickt:

„…Herr Jung ist dann mit seiner Frau allein nach Köln gereist. Er hat bei dem Pförtner des Lagers Köln-Müngersdorf vorgesprochen, der ihn dann mit seiner Frau wieder nach Hause geschickt hat, da er angeblich keine Anweisung zur Aufnahme der Frau Jung besaß. Jung ist dann mit seiner Frau wieder in seine Wohnung in Niedergelpe zurückgekehrt. …“

Quelle: wie oben

Mitte Januar kam dann die „dringende Erinnerung“, Frieda Jung nach Müngersdorf zu bringen. Ihr Mann fährt persönlich zum zuständigen Sachbearbeiter – wohl in dem Glauben, die Deportation seiner Frau noch verhindern zu können. Doch ihm wird „aufgegeben“, innerhalb von 48 Stunden das Rheinland zu verlassen und sich eine Wohnung weiter im Osten zu suchen – ohne Frieda. Er macht das, was ihm befohlen wird, und zieht zu seinem Bruder nach Breslau. Seine Frau lässt er zurück.

Frieda Jung wird am 22. Januar 1945 ins Lager Kön-Müngersdorf gebracht, dort verliert sich ihre Spur. Laut einer Liste im „Gedenkbuch“ des Bundesarchivs ging am 12. März 1945 ein Transport von Köln nach Theresienstadt, der am 14. März dort ankam. (Quelle https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/chronology/viewGermanReich.xhtml)