Gedenkstätte in Waldbröl

In Waldbröl steht ein kyrillisch beschrifteter Gedenkstein auf dem alten Friedhofs-Gelände am Wiedenhof.

Die Stadt hat neben dem Gedenkstein eine Übersetzung der Namen in lateinische Schrift angebracht.

Aus Anlass des 80. Jahrestags des Überfalls der Nazi-Wehrmacht auf die Sowjetunion fand am 22. Juni 2021 dort eine Gedenkveranstaltung statt, bei der Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule an das Schicksal der Menschen erinnerten.

Hier die Informationen zu allen Namen auf dem Gedenkstein:

HEИЗBECTHAЯ COBETCKAЯ ГPAЖДAHKA Unbekannte sowjetische Bürgerin

AHHA PAHKOBИЧ Anna Pankovic (auch Anna Pankewitsch) war Arbeiterin. Geboren war sie laut der Liste des Arbeitsamtes am12. Mai 1920, über ihren Geburtsort ist nichts bekannt. Wir wissen auch nicht, wo sie zur Zwangsarbeit eingesetzt war. Am 17. März 1945 wurde sie ins Waldbröler Krankenhaus eingeliefert, dort ist sie am 24. April 1945 im Alter von knapp 25 Jahren gestorben, beerdigt wurde sie am 27. April. Auf dem Totenschein (Seite 1 Seite 2) ist als Todesursache eine Granatsplitterverletzung am Knie und Lungenentzündung angegeben, laut Krankenhaus war eine Sepsis todesursächlich. Die genauen Vorgänge von damals kennen wir nicht. Es ist aber bekannt, dass Waldbröl schon am 9. April kampflos den US-Truppen übergeben wurde. Möglicherweise geriet sie in die Gefechte am 6. April bei Spurkenbach und wurde dort verletzt, unzureichend versorgt und erst am 17 April – wahrscheinlich auf Betreiben der Besatzungstruppen – ins Krankenhaus gebracht, wo ihr leider nicht mehr geholfen werden konnte.

BACИЛИЙ ПУЗEPENKO Wassilij Puzerenko (auch Wasil Puserenko) war am 10. November 1926 in Kirowograd in der Ukarine geboren. Wir wissen nicht, wo er interniert war und wo er gearbeitet hat. Am 2. Juli 1944 wurde er ins Krankenhaus Waldbröl eingeliefert, dort ist er drei Tage später, am 5. Juli 1944, im Alter von 17 Jahren gestorben. In der Sterbeurkunde (Seite 1 Seite 2) ist als Todesursache „Magengeschwür, Durchbruch des Magengeschwürs, Bauchfellentzündung“ angegeben. Dass er so schnell gestorben ist, lässt vermuten, dass er schon lange vor der Einlieferung erkrankt war und nicht hinreichend behandelt wurde.

AЛEKCEЙ ЯPEЦ Aleksej Ârec (auch Alexander Jarez) war 1913 in Minsk geboren (ein genaues Datum wird nicht genannt). In einer Liste der Gemeinde wird er als „Zivilarbeiter“ bezeichnet, was insofern erstaunt, als er auf Grund seines Alters eigentlich Armee-Angehöriger und infolgedessen Kriegsgefangener gewesen sein müsste. Teilweise wurde aber der Status von Kriegsgefangenen in „Zivilarbeiter“ geändert. Gestorben ist er im Alter von 32 Jahren am 24. März 1945, über die Todesursache ist auch in der Sterbeurkunde(Seite 1 Seite2) nichts vermerkt. Ein Dokument des Suchdienstes über seinen Nachlass macht sichtbar, wie wenig die Zwangsarbeiter überhaupt besaßen.

AHHA ЧEKOHA Anna Čekona (in den Listen Anna Tscheknona) war 1922 in Kiew geboren, ein genaues Datum fehlt. Sie ist am 6. April 1945 im Alter von 23 Jahren an Lungentuberkulose gestorben (beim Arbeitsamt und auf der Sterbeurkunde (Seite 1 Seite 2) wird als zusätzlich Herzschwäche angegeben), das Krankheitsbild zeugt von der starken körperlichen Auszehrung durch die Zwangsarbeit.

ЗИHA ГAУХHEK Zina Gauhnek (in den Listen Stina Gauschneck) – über sie ist sehr wenig in den Unterlagen zu finden. In einer Liste der Gemeinde ist vermerkt, dass sie Arbeiterin war, in der Liste des Arbeitsamtes ist die Todesursache angegeben: Nierenentzündung. In den Unterlagen des Krankenhauses steht, dass sie am 11. April 1945 eingeliefert wurde (also nach der Übergabe der Stadt an die US-Truppen) und am 24. April 1945 im Alter von 30 Jahren gestorben ist. Die Sterbeurkunde (Seite1 Seite2) gibt keine weitere Auskunft.

НИКОЛAЙ PОШЕСТРЕННЬІЍ Nikolaj Rošestrennyj (auch Roschestreny in den Listen) war am 20. März 1925 in Machailowka geboren. In den Listen der Zechen im Ruhrgebiet wird ein Arbeiter dieses Namens (mit dem gleichen Geburtsort und -datum) vom 9. Juni 1943 bis zum 28. August 1943 bei der Zeche Hansa, ab 28. August 1943 4. April 1945 bei der Zeche Westhoven geführt. Unter dem Namen Nikolai Koschestweny, geboren 20.3.1925, wird ein junger Russe vom 22. bis zum 24. März als Patient im Krankenhaus Waldbröl geführt, eine Diagnose ist nicht angegeben. Für Nikolai Roschestreny vermerkt die Sterbeurkunde (Seite1 Seite2), dass er am 24. März 1945 in Waldbröl in Folge einer Bombenverletzung an Wundstarrkrampf gestorben ist. Er war gerade 20 Jahre alt geworden. – Über die Zusammenhänge kann man nur Vermutungen anstellen: Es ist gut möglich, dass sich ein junger russischer Zwangsarbeiter – gerade angesichts der Nazi-Morde in der Endphase des Krieges – versucht hat, aus Dortmund zu fliehen und dabei nach Waldbröl gelangt ist. Vielleicht ist er unterwegs verletzt worden und konnte nicht rechtzeitig behandelt werden. Vielleicht war er aber auch in einem Waldbröler Betrieb als Zwangsarbeiter – leider sind die Unterlagen da lückenhaft.

ВACИЛИИ КОЛОЗИНСКИЙ Vasilij Kolozinskij (Wasil Kolosinski) war am 21. März 1922 in der Ukraine geboren. Über seinen Geburtsort geben die Unterlagen keine Auskunft. Am 17. März 1945 wurde er ins Krankenhaus Waldbröl eingeliefert, dort ist er im Alter von 18 Jahren am 31. März 1945 an Lungentuberkulose und Herzschwäche gestorben (Sterbeurkunde Seite1 Seite2). Das ist ein Anzeichen dafür, dass er völlig entkräftet und unterernährt gewesen sein muss.

AHHA БEЦХHA Anna Bechna (auch Bezechna) war 1893 in Kuban geboren. Laut Sterbeurkunde (Seite1 Seite2) „wohnte“ sie in Wildbergerhütte, sie hat wohl dort Zwangsarbeit geleistet – entweder auf einem Bauernhof oder bei der Firma Wessels. Gestorben ist sie im Alter von 42 Jahren am 6. April 1945 im „Kriegskrankenhaus der deutschen Arbeitsfront“ an Lungentuberkulose und Herzschwäche, sie war also auch völlig ausgezehrt.

MAPИA MATРEBA Mariâ Matreewa (auch Matrejewa) ist nicht einmal 19 Jahre alt geworden. Geboren war sie (nach den vom Krankenhaus nachträglich erstellten Listen) am 5. Mai oder 25. Mai 1926, der Geburtsort ist nicht verzeichnet (sie taucht sowohl in der Liste „Russen“ als auch in der Liste „Ukrainer“ auf [Die Listen des Krankenhauses sind aus Datenschutzgründen nicht verlinkt]). In den anderen Unterlagen sind wenige Angaben zu finden (Liste des Arbeitsamtes Sterbeurkunde Seite1 Seite2), das meiste ist „unbekannt“. Sie wurde am 20. März 1945 mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert, sie muss wohl in einen Tiefflieger-Angriff geraten sein – Schutzräume standen den Zwangsarbeiterinnen meist nicht zur Verfügung. Laut Arbeitsamt erlitt sie eine „Granatsplitterverletzung beider Beine“, in den Unterlagen des Krankenhauses ist von einem „lk. Oberschenkelsschussbruch und Unterschenkelbruch“ die Rede. Gestorben am 28. April 1945.

ΦEДOP POMЯHOB Fedor Romianow, wird als „Arbeiter“ bezeichnet. Geboren war er im Jahr 1925 (genauere Angaben werden nicht gemacht), gestorben ist er am 15. April 1945 im Alter von 20 Jahren. In der Liste des Arbeitsamts und in der Sterbeurkunde (Seite 1 Seite 2) wird eine Granatsplitterverletzung am Rücken und Bruch der Halswirbelsäule als Todesursache angegeben. Er muss als in eines der letzten Gefechte im Oberbergischen gekommen sein. Den Angaben des Krankenhauses zufolge ist er am 13. April dort eingeliefert worden, zu diesem Zeitpunkt waren die Gefechte in der Gegend von Waldbröl schon eine Woche her und der Ort von den US-Truppen eingenommen. – In einer Liste der Stadt Waldbröl ist als Todesursache „Lungentuberkulose“ angegeben, dies kann aber auch ein Übertragungsfehler sein.

HEЙЗBCCTHЬIЙ COBETCKИИ ГPAЖДAHИH Unbekannter sowjetischer Bürger

CAШA MACKAЧУK Sascha Maskaschuk geboren am 25. Februar 1923 (Angaben über den Geburtsort fehlen), gestorben im Alter von 22 Jahren am 21. April 1945 an Lungentuberkulose (laut Liste des Arbeitsamtes). Aus einer Liste der Stadt Waldbröl und der Sterbeurkunde (Seite1 Seite2) geht hervor, dass es sich um eine junge Frau gehandelt hat (Sachsa ist im Russischen auch ein weiblicher Vorname). Leider fehlen weitere Angaben, auch darüber, wann sie ins Krankenhaus aufgenommen wurde.

HИHA COCHOBKAЯ Nina Sosnowkaja geboren am 22. Juli 1924 in Saporoschja (damals Sowjetunion, heute Ukraine). Gestorben ist sie im Alter von 20 Jahren am 15. Dezember 1944, sie wird in der Liste als „Arbeiterin“ geführt. In einer anderen Liste gibt die Gemeinde als Todesursache „Lungentuberkulose“ an. Sie war vom 16. November bis zu ihrem Tod im Krankenhaus Waldbröl, das gibt als Diagnose „Herzbeschwerden“ an. Die Kombination der beiden Diagnosen deutet wieder auf völlige Auszehrung hin. Nach einer Liste der AOK hat sie ab dem 24. April 1944 bis zu ihrer Einlieferung ins Krankenhaus bei „Simon K.“ in Waldbröl gearbeitet. Auf der Sterbeurkunde (Seite1 Seite2) ist als Wohnort Bohlenhagen angegeben, sie hat wahrscheinlich dort auch als Zwangsarbeiterin gearbeitet.

IBAH MEHЗУK Iwan Menzuk ist nach Angaben der Gemeinde am 10. Mai 1945 an Lungentuberkulose gestorben, er war Arbeiter. In einer anderen Liste der Gemeinde ist sein Alter angegeben (20 Jahre), sein Todesdatum wird dort aber als 22. April 1945 angegeben. In den Unterlagen des Krankenhauses Waldbröl (die Liste ist aus Datenschutzgründen nicht verlinkt) ist sein genaues Geburtsdatum zu finden: Er wurde am 21. Mai 1925 geboren. Am 16. April 1945 wurde er ins Krankenhaus eingeliefert, dort ist er am 10. Mai 1945 verstorben. Iwan Menzuk muss also zu denen gehört haben, die beim Einmarsch der US-Truppen sehr geschwächt vorgefunden wurden und bei denen dann – leider vergeblich – versucht wurde, sie zu retten.

ЗAPO CAKAЗAH Zaro Sakazan In einer Liste der Gemeinde Waldbröl wird er als Sarop Sarkarian, geboren 1898 in Armenien, bezeichnet, nach dieser Liste war er Rotarmist im 773. Bau-Batallion, also als Kriegsgefangener interniert. Er ist am 19. September 1944 im Alter von 46 Jahren gestorben, über die Todesursache werden keine Angaben gemacht. Die Sterbeurkunde (Seite1 Seite2) gibt auch keine weitere Auskunft. Nach einer Liste des Krankenhauses Waldbröl ist er dort am 19. September 1944 eingeliefert worden und am selben Tag verstorben. Als Einlieferungsgrund und Todesursache gibt das Krankenhaus „Unfall, Harnröhrenverletzung“ an.