Gedenkort Friedhof Gimborn

Auf dem Gimborner Friedhof befindet sich eine Reihe Gräber von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiterinnen und von deren Kindern aus der ehemaligen Sowjetunion. Sie waren im November 2020 in keinem sehr guten Zustand. Inzwischen (Sommer 2022) sind die Steine gereinigt und abgeschliffen, die Bepflanzung wurde erneuert. Vielen Dank!

Die Tafeln sind kyrillisch beschriftet, die Inschriften lauten:

Wer waren die Menschen, die dort begraben liegen? Wir haben beim Arolsen-Archiv recherchiert, die Links führen zu den dort liegenden Dokumenten. (Ein Hinweis: Man muss zunächst die Nutzungsbedingungen des Archivs anerkennen, um die Unterlagen zu sehen – das lohnt sich aber. In den Fällen, in denen die Daten in Listen vorliegen, die auch andere Personen betreffen, haben wir die Quellen nicht direkt verlinkt, sie sind aber über das Arolsen-Archiv nach Eingabe des Namens zu finden. )

Ein Plan aus dem Jahr 1950 zeigt die damalige Lage der Gräber

ГΕНРІЕТА МЕЛАНKИНА Genrieta Melankina war ein Kind, das nur eineinhalb Jahre zu leben hatte. Geboren ist sie Anfang 1944, am 21. Juli 1945 ist sie im Lager Stellershammer bei Eibach gestorben. In diesem Lager warteten damals viele russische Kriegsgefangene und ZwangsarbeiterInnen darauf, dass sie in ihre Heimat zurückkehren konnten. Die kleine Genrieta hat die Rückkehr nicht mehr erleben können. Ihr Tod ist in der Gräberliste der Gemeinde Gimborn dokumentiert und auch im Kirchenbuch der katholischen Kirchengemeinde Gimborn (nicht verlinkt, weil es auch Angaben über Personen enthält, die noch leben könnten) .

CEPГEИ BИШAPEB Sergej Wischarew Er war Kriegsgefangener, wahrscheinlich im Lager Eibach, und wohl in einem der Betriebe im Leppetal als Arbeitskraft eingesetzt. Er wurde am laut Sterbeurkunde 5. Juli 1918 in „Kanoniwka / Russland“ (ein Ort dieses Namens ist unbekannt) geboren, gestorben ist er im Alter von 26 Jahren zwischen dem 24. und 27. September 1944 in Madonna bei Engelskirchen (damals Gemeinde Ründeroth) . Über die Umstände seines Todes gibt die Sterbeurkunde keine Auskunft. Im Kirchenbuch der katholischen Kirchengemeinde Gimborn steht es genauer: Er ist am 27. September 1944 durch einen Kopfschuss getötet worden. Zu dieser Zeit gab es keine Kampfhandlungen im Oberbergischen, die einzigen, die Waffen trugen, waren die NS-Polizei und Wehrmachts-Soldaten, es ist also davon auszugehen, dass er von diesen erschossen wurde. Dafür spricht auch, dass laut Gemeinde Gimborn die Beerdigung vom damaligen Wachkommando des Lagers Eibach veranlasst wurde.

ДMИTPИ MИХAИЛOB Dimitri Michailow Auch er war Kriegsgefangener, interniert im Lager Eibach, und wohl in einem der Betriebe im Leppetal als Arbeitskraft eingesetzt. Eibach liegt ganz abgelegen bei Freilingsdorf-Scheel, es gab dort ein Kriegsgefangenlager mit mehreren hundert Insassen und ein Zwangsarbeiterlager mit – je nach Quelle – bis zu 600 Insassen. Dimitri Michailow wurde laut Sterbeurkunde am 17 Oktober 1916 in „Woronesh / Russland“ geboren, gestorben ist er im Alter von 27 Jahren zwischen dem 20. und 29. Juli 1944 bei Blumenau, Gemeinde Engelskirchen. Über die Umstände seines Todes gibt die Sterbeurkunde keine Auskunft. Auch hier steht die Wahrheit im Kirchenbuch der katholischen Kirchengemeinde Gimborn: Er ist am 29. Juli 1944 durch einen Herzschuss getötet worden. Zu dieser Zeit gab es keine Kampfhandlungen im Oberbergischen, die einzigen, die Waffen trugen, waren die NS-Polizei und Wehrmachts-Soldaten, es ist also davon auszugehen, dass er von diesen erschossen wurde. Dafür spricht auch, dass laut Gemeinde Gimborn die Beerdigung vom damaligen Wachkommando des Lagers Eibach veranlasst wurde.

APCEHTIИ AHAHЦEHKO Arsentij Anantsenko Er ist der dritte Kriegsgefangene aus dem Lager Eibach. Auch bei ihm wissen wir nicht genau, wo er arbeiten musste. Er ist laut Sterbeurkunde geboren am 22. Mai 1912 in „Spask, Kreis Dnjepropetrowsk / Russland“ (heute: Ukraine) und ist wie Dimitri Michailow zwischen dem 20. und 29. Juli 1944 bei Blumenau, Gemeinde Engelskirchen gestorben. Das Kirchenbuch der katholischen Kirchengemeinde Gimborn gibt Aufschluss darüber, was im Sommer 1944 dort vorgefallen ist: Arsentij Anantsenko ist am 29. Juli 1944 durch einen Lungenschuss getötet worden. Zu dieser Zeit gab es keine Kampfhandlungen im Oberbergischen, die einzigen, die Waffen trugen, waren die NS-Polizei und Wehrmachts-Soldaten, es ist also davon auszugehen, dass er von diesen erschossen wurde. Wahrscheinlich hat er gemeinsam mit Dimitri Michailow versucht zu fliehen. Dafür spricht auch, dass laut Gemeinde Gimborn die Beerdigung vom damaligen Wachkommando des Lagers Eibach veranlasst wurde.

HИKOЛAИ ЯXOHTOB Nikolai Jachontow Bei ihm gibt die Sterbeurkunde an, dass er im „Ausländerlager“ Stellershammer bei Eibach „wohnte“. Er wird nicht als Kriegsgefangener, sondern als „Arbeiter“ und „sowjet-russischer Staatsangehöriger“, das liegt wohl daran, dass an seinem Todestag (27. April 1945) die Nazis im Oberbergischen schon besiegt waren; die Insassen der Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager warteten darauf, in ihre Heimat zurückzukehren. Im Kirchenbuch der katholischen Kirchengemeinde Gimborn steht, dass auch er an Schussverletzungen gestorben ist, die Gräberliste des Friedhofs vermerkt, er sei „von amerikanischen Besatzungstruppen beim Diebstahl getötet“ worden. Was genau vorgefallen ist, geht aus den Unterlagen nicht hervor. Im Kirchenbuch steht nur noch, dass er erst 17 Jahre alt war

HEИЗBECTHEIИ Unbekannter Hier liegt ein Mensch begraben, von dem niemand mehr weiß, wie er hieß, wann er geboren und wann er gestorben ist. Wenn es ein Bürger der Sowjetunion war, dann ist er entweder als Kriegsgefangener oder als Zwangsarbeiter ins Oberbergische gekommen, vielleicht war es aber auch jemand, der in den letzten Kriegstagen aus dem Raum Köln von den Nazis auf einem der Todesmärsche in Richtung Osten getrieben wurde (Gefangene der Gestapo sollten nicht lebend in die Hände der US-Truppen gelangen) und hier vor Erschöpfung gestorben ist.

HИHA CABДOKИMOBИЦ Nina Sawdokimowitsch Sie war Zwangsarbeiterin – wahrscheinlich bei der Firma Ahle – und im Lager Karlsthal interniert. Laut Sterbeurkunde ist sie am 17. April 1924 in Sobolocje, Kreis Ossikowitschki / Russland geboren und im Alter von 20 Jahren am 24. Dezember 1944 im Krankenhaus Gummersbach gestorben. Auf einer Liste der Stadt Gummersbach wird als Todesursache Bauchfellentzündung angegeben

TATЬЯHA ЯЩEHKO Tatjana Jatschenko war das Kind einer russischen Zwangsarbeiterin. Sie ist im Mai 1945 geboren, doch ihre Mutter musste ohne sie in die Heimat zurückkehren, denn schon am 22. Juni 1945 ist sie gestorben (Gräberliste des Friedhofs Liste der Gemeinde Gimborn).

KATЯ MOTOBA Katja Motowa Katja wurde nur ein Jahr alt, sie ist geboren (am 22. Februar 1944) und gestorben (am 11. April 1945) im Lager in Karlsthal. Die Sterbeurkunde führt ihre Eltern auf: Iwan Motow, Fabrikarbeiter, sowjet-russischer Staatsangehöriger und Ewdokija Motow geborene Tetalow. Wie aus einer Liste der AOK hervorgeht, haben beide seit dem 3. Dezember 1943 bei der Firma „Gebrüder Ahle“ in Karlsthal gearbeitet. Im Jahr 1950, als die Sterbeurkunde (nachträglich) ausgestellt wurde, wusste man nicht, wo die Eltern nach der Befreiung hingegangen waren, und man wusste auch nicht, voran Katja gestorben war.

ЛЧИЗA БAШCKAЯ Luisa Baschskaja Die kleine Luisa ist im Alter von 3 Monaten gestorben. Geboren am 29. April 1943 in Karlstahl, gestorben am 28. Juli 1943 um 8 Uhr in Karlsthal im Ostarbeiterlager der Firma Gebrüder Ahle, wo ihre Mutter Josefa Baschskaja seit dem 1. August 1942 (nach Angaben der AOK) als Fabrikarbeiterin schuftete. Laut Sterbeurkunde ist Luisa an Darmkatarrh gestorben.

Der Friedhofsplan von 1950 verzeichnet noch drei Gräber italienischer Staatsangehöriger, die wahrscheinlich auch als Kriegsgefangene (wahrscheinlich in Eibach) interniert waren und spätestens nach dem 8. Mai in einem Übergangslager für DPs („Displaced Persons“) auf die Rückkehr in ihre Heimat warteten. Diese Gräber sind nicht mehr vorhanden.

Mario Zannotti ist geboren am 8. August 1915 in Rivergoro bei Piacensa , gestorben im Alter von 29 Jahren am 26. Februar 1945. Er war ab dem 16. Februar 1945 im Krankenhaus Marienheide, als Todesursache wird dort ein „Leberabzess“ angegeben. Nach Angaben der Gemeinde wurde das Begräbnis von seinen „Lagerkameraden“ veranlasst, er war also in einem Lager interniert.

Latino Oppici Er ist im Alter von 24 Jahren am 16. Juli 1945 in Marienheide-Oberwette gestorben, geboren war er am 16. September 1920 in Breda Cisoni, Provinz Mantua / Italien. Der Sterbeort Oberwette lässt darauf schließen, dass er dort im Krankenhaus (Lungenklinik) gestorben ist – wie einige andere ZwangsarbeiterInnen, die es nach der Befreiung nicht mehr geschafft haben, gesund zu werden (und jetzt in Marienheide begraben liegen). Sterbeurkunde Vorderseite Rückseite Auch sein Begräbnis wurde nach Angaben der Gemeinde von seinen „Lagerkameraden“ veranlasst, er war also in einem Lager bzw. untergebracht.

Soste Prevedelli wird in der Sterbeurkunde offiziell als „italienischer Militärinternierter“ bezeichnet. Er ist am 22. Oktober 1923 geboren und wohnte in Pagagnaga in der Provinz Mantua, bevor er in Deutschland intereniert wurde. Gestorben ist er nach der Befreiung am Juli 1945 in der Badeanstalt Wiehl. Über die genauen Todesumstände wissen wir nichts. Auch sein Begräbnis wurde nach Angaben der Gemeinde von seinen „Lagerkameraden“ veranlasst, möglicherweise sind damit ehemalige Mit-Internierte in Eibach gemeint.

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